Immer wieder werden in Deutschland Tiere gefunden, die offensichtlich niemandem gehören. Streunende Katzen und herrenlose Hunde wecken dabei in aller Regel den Beschützerinstinkt zahlreicher Tierfreunde, die sich der hilflosen Vierbeinern annehmen. Wirkt das Tier zudem krank oder ist es sogar verletzt, führt der erste Weg zum Tierarzt. Was für jeden Tierliebhaber eine Selbstverständlichkeit ist, kann jedoch schnell zum Problem werden. Ist nämlich die Frage nach der Kostenübernahme nicht geregelt, bleibt der Finder unter Umständen die Person, die der Tierarzt finanziell in die Verantwortung nehmen muss.
Ein Urteil macht die Lage wenig klarer
Anhand eines konkreten Beispiels lässt sich zeigen, dass Hilfe für streunende Tiere tatsächlich hohe Kosten aufwerfen kann. So fand eine Frau aus Alsfeld einige Katzen auf einem verlassenen Hof und fing diese ein. Da die Katzen keinen gesunden Eindruck machten und zudem unkastriert waren, sorgte die Tierfreundin für die medizinische Versorgung, die das Tierheim in Alsfeld übernahm. Die Katzen wurden untersucht, kastriert, gechippt und behandelt. Schon kurz darauf erhielt die Frau eine Rechnung über knapp 1200 Euro, die sie begleichen sollte. Da sie sich jedoch nicht in der Pflicht hierzu sah, bat sie die Stadt Alsfeld, die Kosten zu übernehmen.
Die Gemeinde war jedoch nicht bereit, für die Behandlung der Katzen aufzukommen. Vor allem die Frage, ob es sich bei den Katzen um Streuner oder Fundtiere handelte, konnte kaum klar beantwortet werden. Zudem sah die Stadt die Notwendigkeit des Chippens und Kastrierens nicht und unterstellte der Frau eigenmächtiges Handeln, das übliche Grenzen überschritt. Letztlich kam es zum Rechtsstreit, der vor dem Verwaltungsgericht in Gießen entschieden wurde. Auch hier hatte die Tierschützerin das Nachsehen, denn das Gericht teilte die Ansicht der Stadt Alsfeld und weigerte sich, die Katzen als Fundtiere anzuerkennen. Auch nach dem Urteil bleibt die Frau weiterhin zahlungspflichtig. Das Gericht sah jedoch ein, dass es sich bei diesem konkreten Fall um ein gutes Beispiel für den Umgang mit herrenlosen Tieren handelt und ließ die Option einer Berufung offen.
Was tun, wenn ein Tier gefunden wird?
Wer nun selbst eine herrenlose Katze oder einen herumirrenden Hund findet, ist aufgrund des kürzlich gesprochenen Urteils noch verunsicherter als ohnehin. Nicht immer fällt die Entscheidung, ob der Vierbeiner ein Fundtier oder ein Streuner ist, leicht. Bei Fundtieren ist die Situation recht klar: Hier zahlt die Gemeinde zunächst die Kosten der Behandlung und kann sich ihre Auslagen nach der Ermittlung des Tierhalters von ihm zurückholen. Selbst wenn der Halter nicht gefunden wird, das Tier aber offensichtlich einen Besitzer hatte, stehen die Chancen auf Kostenübernahme gut. Anders sieht das jedoch aus, wenn es sich um ein herrenloses Tier, also einen Streuner handelt, der möglicherweise noch nie einen Besitzer hatte. Hier müssen Behörden und Gemeinden nicht die finanzielle Verantwortung übernehmen, da es keine gesetzliche Pflicht gibt.
Doch was tun, wenn Kätzchen oder Hund trotzdem Hilfe brauchen? Das Tier einfach seinem Schicksal zu überlassen, ist für Tierfreunde keine Option. Ist das Tier gefunden und gesichert worden, sollten die Finder zunächst das zuständige Ordnungsamt informieren. Während der Nachtstunden, wenn das Amt geschlossen ist, kann auch die Polizei der richtige Ansprechpartner sein. Und fühlt sich niemand so recht verantwortlich, lohnt der Anruf bei einem Tierschutzverein in der Nähe. In jedem Fall muss die Frage geklärt werden, wer das gefundene Tier behandelt und wer die Kosten hierfür übernimmt. Keinesfalls sollte der Finder ohne die Zustimmung einer Behörde handeln, um sich nicht selbst mit hohen Kosten zu belasten. Häufig hilft auch der Tierarzt bei der Suche nach der zuständigen Stelle.
Es bleibt abzuwarten, ob sich aus dem Alsfelder Fall weitere rechtliche Veränderungen und Neuerungen ergeben. Solange die Lage jedoch unklar bleibt, sollten Tierfreunde zwar natürlich das Wohl der Vierbeiner im Blick behalten, aber auch den finanziellen Aspekt nicht außer Acht lassen.
Bitte Fundtiere nicht einfach zu Hause aufnehmen, sondern am besten beim Tierarzt durch die Suche nach einer Kennzeichnung (Chip oder Tätowierung) oder durch Aushänge den eigentlichen Tierbesitzer ausfindig machen. Meist werden solche Ausreißer daheim schmerzlich vermisst.
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